Auto mit Schriftzug Anlauf 2.0 und 8 Menschen drum herum
31.01.2023

Anlauf 2.0 – Anschluss finden in Fürstenau.

Eine Zwischenbilanz von Maria Kohrmann-Unfeld.

Am 1. November 2020 startete  in der Fürstenauer 1912-Schule das Jugendprojekt „ANLAUF 2.0“, das zu 80 Prozent von der kommunalen Arbeitsvermittlung des Landkreises Osnabrück, MaßArbeit, und zu 20 Prozent von der DEULA Freren sowie von der Samtgemeinde Fürstenau finanziert wird.

Für das Projekt wurden drei Jahre angesetzt, ein Grund für das Kernteam (siehe Info unten) gemeinsam mit dem Samtgemeindebürgermeister Matthias Wübbel, Lars Hellmers, Vorstand der MaßArbeit und Susanne Steininger, Bereichsleitung MaßArbeit, nach zwei Jahren eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Das Projekt basiert auf § 16h SGB II und zielt auf die Förderung und Integration schwer zu erreichender junger Menschen in der Samtgemeinde Fürstenau.  „ANLAUF 2.0“ bietet Jugendlichen buchstäblich die Chance zum zweiten Anlauf, wenn der erste Anlauf zum Übergang von Schule in Beruf oder Gesellschaft nicht geglückt ist. Dabei steht „2.0“ sowohl für den zweiten Anlauf als auch für die digitale Welt. Zur Zielgruppe gehören junge Menschen von 15 bis 25 Jahren ohne sozialversicherungspflichtigen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz mit multiplen Problemlagen, eventuell ohne festen Wohnsitz, die für die MaßArbeit und andere Hilfeeinrichtungen nicht erreichbar sind.

Angestrebt ist die persönliche Stabilisierung, Stärkung von Motivation und Selbstwertgefühl, die soziale Integration bzw. die individuelle Aktivierung. Dazu gehören auch die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, wie persönliche, soziale und lebenspraktische Kompetenzen oder Sucht-, Schulden- und Gewaltprävention.

Dabei gilt stets das Prinzip der Freiwilligkeit. Kontakte zu den jungen Menschen laufen über die neuen Medien wie WhatsApp, Instagram und Facebook. Es gibt keine starren Bürozeiten. Aufsuchende, niederschwellige Sozialarbeit ist angesagt. Hausbesuche werden von den Jugendlichen positiv bewertet. Dabei kommt auch das „Anlauf 2.0“ Fahrzeug zum Einsatz. Jugendliche können jederzeit Gespräche vereinbaren ohne jegliche Verpflichtung. Vertrauensarbeit ist wichtig und braucht Zeit. Kontaktpausen sind immer wieder möglich, Kontakte reißen aber nicht ganz ab. Allerdings stellt die Notwendigkeit einer formalen Unterschrift unter das Anmeldeformular für manche Menschen ein Problem dar.  

Das Kernteam braucht ein Netzwerk mit den relevanten Institutionen und Einrichtungen vor Ort, wie zum Beispiel Schulen, Ärzte, Krankenhaus, Wohnungslosenhilfe, Vereine und Verbände, Freizeiteinrichtungen, Jugendamt.

„In der Samtgemeinde Fürstenau ist eine unglaublich gute Verzahnung der Netzwerke gegeben“, stellte Mathias Kirchhoff fest. „Wir sind mit dem Projekt deutlich weiter gekommen als vor 2 Jahren gedacht. Die Corona-Pandemie hat bei vielen jungen Menschen Spuren hinterlassen und uns vor neue Herausforderungen gestellt. Die Verknüpfung des Jugendtreffs und der DEULA Jugendwerkstatt mit der Jugendpflege unter einem Dach eröffnet viele positive Perspektiven für die Jugendlichen. Betroffen sind junge Menschen aus allen sozialen Schichten.

„Wir arbeiten bedarfsorientiert. Die Zusammenarbeit zwischen Jugendtreff und DEULA-Jugendwerkstatt klappt gut. Wir unterstützen uns gegenseitig“, stellten Kristina Heidemann und Dietmar Hiller fest.

Zurzeit nehmen 14 junge Leute zwischen 16 und 23 Jahren aktiv an dem Projekt teil. Drei befinden sich auf der Warteliste. Nach zwei Jahren können Fortschritte und Erfolge verbucht werden. So befindet sich ein Teilnehmer in einer Ausbildung, ein anderer beendete den Hauptschulkurs mit Erfolg. Praktika in der DEULA-Werkstatt und in der freien Wirtschaft wurden vermittelt sowie Qualifizierungsangebote oder Hilfestellung bei Bewerbungen. Weiterführende Hilfen sind unter anderem die Stabilisierung im sozialen-emotionalen Bereich, Planung der Tagesstruktur, Umgang mit Medien.

„Ich bin froh, dass wir den Schritt gewagt haben“, zog Susanne Steininger Bilanz. „Die Jugendlichen können mit jedem Problem kommen, erfahren Hilfe bei Behördengängen, bekommen neue Perspektiven aufgezeigt, gepaart mit der Möglichkeit der Verpflegung, zum Duschen oder Waschen von Kleidung. Diese Zielgruppe wird von keiner anderen Einrichtung erreicht“.

Matthias Wübbel zog eine positive Bilanz: „Anlauf 2.0 ist quasi ein Pilotprojekt. Dabei geht es um jeden einzelnen Menschen. Für jedes Kind und jeden Jugendlichen, der aus dem Focus der Gesellschaft gerät, wäre es schade. Jeder Euro dieses Projektes ist gut angelegtes Geld.“

Lars Hellmers von der MaßArbeit erklärte: „Mit dem Projekt erreichen wir die Personen, die schwer zu finden sind und durch das soziale System fallen. Die gehen dann in die falsche Richtung.“ Und Daniel Haarannen ergänzt: „Wir müssen immer wieder Kontakt halten, um die Weiterentwicklung der beruflichen Perspektiven zu ermöglichen.“

„Die Jugendlichen kommen in einem großen System nicht klar. Sie brauchen ein kleines und überschaubares Angebot wie die Jugendwerkstatt. Hier können sie langsam an die Arbeit herangeführt werden und zunächst nur stundenweise arbeiten“, erklärt Elke Schrey.

In Zukunft sollen weitere Ideen entwickelt werden. „Es ist noch Luft nach oben, wir werden die Attraktivität weiter steigern“, stellte Mathias Kirchhoff fest. So solle die aufsuchende Arbeit einen höheren Stellenwert einnehmen, das „Anlauf 2.0“ Fahrzeug mehr eingesetzt werden. Die Netzwerkarbeit wird weiter ausgebaut, insbesondere soll die freie Wirtschaft noch besser zum Beispiel in Form von Praktika eingebunden werden. Weiterhin planen das „Anlauf 2.0“-Team und der Jugendtreff gemeinsame Projekte für die jungen Menschen in der 1912-Schule.

Diese Kooperationspartner des Projektes „Anlauf 2.0“ DEULA und Samtgemeinde Fürstenau bilden das Kernteam:

  • Mathias Kirchhoff, Leitung der Maßnahme, DEULA Freren
  • Kristina Heidemann und Nadja Rudi, beide Jugendpflegerinnen SG Fürstenau, Jugendtreff
  • Bildungsbegleiter Dietmar Hiller und Ausbilderin Hauswirtschaft Elke Schrey, beide DEULA, Jugendwerkstatt
  • Daniel Haarannen, Maßnahmepate, MaßArbeit kAöR